Artikel & Abstracts - 1

Ein neuer Blick auf Neurodegeneration


Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit und andere neurodegenerative Erkrankungen werden typischerweise als eigenständige Krankheiten mit jeweils eigener Ursache und spezifischen Therapien betrachtet und behandelt. Ein kürzlich in Translational Neurodegeneration veröffentlichter Artikel (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC11378521/) skizziert jedoch eine neue Perspektive: Demnach könnten Alzheimer (AD), Parkinson (PD), Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) und Chorea Huntington (HD) unterschiedliche Manifestationen zugrunde liegender bioenergetischer Störungen sein, die allen diesen Erkrankungen gemeinsam sind. Forschungen deuten darauf hin, dass die charakteristischen Symptome – z. B. kognitive Einschränkungen bei AD oder motorische Störungen bei PD – späte Entwicklungen darstellen, die weit „stromabwärts“ neuronaler Energie-Defizite auftreten, welche schon Jahrzehnte vor der Diagnose beginnen. Alle vier im Artikel behandelten Erkrankungen sind mit Veränderungen der mitochondrialen Struktur und Funktion sowie mit einer verminderten neuronalen ATP-Synthese assoziiert. Es wird angenommen, dass diese Störungen lange vor dem Auftreten der typischen pathologischen Merkmale einsetzen.

Der Artikel nennt zahlreiche Faktoren, die zur zellulären Dysfunktion beitragen könnten, darunter toxische Umwelteinflüsse (z. B. Schwermetalle, Luftverschmutzung, Pestizide), schlechter Schlaf, soziale Isolation, Bewegungsmangel und die moderne Ernährungsweise – geprägt von einem Übermaß an raffinierten Kohlenhydraten und zahlreichen täglichen Mahlzeiten ohne Fasten- oder Verdauungspausen.


Bestehende Behandlungen neurodegenerativer Erkrankungen sind mit unerwünschten Nebenwirkungen verbunden und verlieren oft im Verlauf an Wirksamkeit. Zudem zielen sie primär auf die Unterdrückung von Symptomen ab und greifen die zugrunde liegenden Ursachen kaum an – auch deshalb, weil diese nicht mit Sicherheit bekannt sind. Der neue Artikel stellt jedoch einen Schritt nach vorn dar: Er bietet eine gut begründete Übersicht darüber, welche Faktoren potenziell zu diesen schwer behandelbaren Erkrankungen beitragen, warum und wie sie sich viel stärker ähneln als bisher angenommen, welche molekularen Gemeinsamkeiten sie teilen und welche Interventionsarten möglicherweise wirksamer sein könnten, um die neuronale Gesundheit wiederherzustellen, als es die derzeitigen Therapien vermögen.